Allgemeinverfügung zur Festlegung eines Sperr- und Beobachtungsgebietes in der Hansestadt Lübeck zum Schutz gegen die Wildvogelgeflügelpest
Am 27.03.2017 wurde in Heilshoop bei einem Schwan, am 31.03.2017 in Travemünde bei Möwen durch das Friedrich-Löffler-Institut erneut das hochpathogene aviäre Influenzavirus des Subtyps H5N8 nachgewiesen. Damit ist die Geflügelpest bei Wildvögeln amtlich festgestellt.
I. Erklärung zum Sperrbezirk:
Zur Bekämpfung der Geflügelpest und zur Verhütung einer Übertragung auf Hausgeflügelbestände werden gemäß § 55 Abs. 1 und § 65 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpestverordnung) in Verbindung mit § 1 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (AG TierGesG) um den Fundort der verendeten Wildvögel folgende Sperrbezirke festgelegt:
a) Landschaftsschutzgebiet „Wüstenei“ in Lübeck (aufgrund des Fundes in Heilshoop)
b) Kreisgrenze zu Ostholstein von der Lübecker Bucht aus folgend bis zur Ovendorfer Straße, B 75 südwärts bis
Hohenstern, Sandfeld folgend und in Verlängerung bis zur Pötenitzer Wiek, Priwall bis zur Landesgrenze
Mecklenburg-Vorpommern (aufgrund des Fundes in Travemünde).
II. Erklärung zum Beobachtungsgebiet:
Zur Bekämpfung der Geflügelpest und zur Verhütung einer Übertragung auf Hausgeflügelbestände werden gemäß § 55 Abs. 1 und § 65 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpestverordnung) in Verbindung mit § 1 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (AG TierGesG) um den Fundort der verendeten Wildvögel folgendes Beobachtungsgebiet in Lübeck festgelegt:
Kreisgrenze Ostholstein ab Ovendorfer Straße südwärts folgend bis Kreisgrenze Stormarn, dieser folgend bis Kreisgrenze Herzogtum Lauenburg, dieser folgend bis zur B 207, dieser nördlich folgend, Berliner Allee, Possehlbrücke, Possehlstraße, Willy-Brandt-Allee, Marienstraße, An der Untertrave, Burgtorbrücke, Gustav-Radbruch-Platz, Roeckstraße, Arnimstraße, Edelsteinstraße, Heiweg bis zur Landesgrenze Mecklenburg-Vorpommern.
III. Anordnung von Warnschildern:
An den Hauptzufahrtswegen zu dem Sperrbezirk bzw. dem Beobachtungsgebiet werden Warnschilder mit der deutlichen und haltbaren Aufschrift
„Wildvogelgeflügelpest-Sperrbezirk“ bzw. „Wildvogelgeflügelpest-Beobachtungsgebiet“
gut sichtbar angebracht.
IV. Schutzanordnungen:
Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit werden folgende Schutzanordnungen getroffen:
A) Für den Sperrbezirk sind folgende Schutzanordnungen maßgebend:
1. Sämtliche gehaltene Vögel (Geflügel oder in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten) sind in
geschlossenen Ställen oder unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen
Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten
Seitenbegrenzung (Schutzvorrichtung) zu halten.
2. Bisher nicht gemeldete Geflügelhaltungen (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel,
Wachteln, Enten oder Gänse) sind vom Tierhalter unverzüglich unter Angabe von Namen, Anschrift, Anzahl
der gehaltenen Tiere, ihrer Nutzungsart sowie des Haltungsstandortes beim Amtstierärztlichen Dienst der
Hansestadt Lübeck, Kronsforder Allee 2-6, 23560 Lübeck, Tel. 0451/122-3969, Fax 0451/122-3990,
email: unv@luebeck.de, anzuzeigen.
3. Geflügel und in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten sowie Bruteier dürfen aus einem Bestand
nicht verbracht werden.
4. Frisches Fleisch, Hackfleisch oder Separatorenfleisch, Fleischerzeugnisse und Fleischzubereitungen,
das/die von Geflügel, in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln anderer Arten oder von Federwild aus dem
Sperrbezirk gewonnen wurden, dürfen nicht verbracht werden.
5. Tierische Nebenprodukte von Geflügel und in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln anderer Arten dürfen aus
einem Bestand nicht verbracht werden, es sei denn, sie werden zur unschädlichen Beseitigung in den
zuständigen Verarbeitungsbetrieb für Material der Kategorie 1 und 2 gemäß der Verordnung (EG) Nr.
1069/2009 (Fa. Rendac, Jagel) verbracht.
6. Jeder Tierhalter hat sicherzustellen, das an den Ein- und Ausgängen der Ställe oder sonstigen Standorte, in
denen Geflügel gehalten wird, geeignete Einrichtungen zur Schuhdesinfektion (Matten oder Wannen)
aufgestellt werden, und diese mit einem gegen den Geflügelpesterreger wirksamen Desinfektionsmittel
getränkt sind und damit stets feucht gehalten werden.
7. Ein innerhalb des Sperrbezirks gelegener Stall oder sonstiger Standort, in dem Geflügel und Vögel anderer
Arten gehalten werden, darf von betriebsfremden Personen nicht betreten werden.
Dies gilt nicht für den bestandsbetreuenden Tierarzt und dessen Hilfspersonen sowie Personen, die von
der Hansestadt Lübeck mit der Tierseuchenbekämpfung beauftragt wurden.
8. Zu Erwerbszwecken gehaltenes Geflügel sowie andere Geflügelhaltungen, in denen ein besonderes
Geflügelpesteinschleppungsrisiko besteht, werden nach näherer Anweisung des Amtstierärztlichen
Dienstes der Hansestadt Lübeck regelmäßig klinisch untersucht. Ergänzend erfolgen virologische
Untersuchungen, soweit Belange der Tierseuchenbekämpfung dies erfordern.
9. Geflügel und in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten dürfen nicht zur Aufstockung des
Wildvogelbestandes freigelassen werden.
10. Geflügel darf nur im Durchgangsverkehr auf Autobahnen, anderen Straßen des Fernverkehrs oder
Schienenverbindungen befördert werden, soweit das Fahrzeug nicht anhält und Geflügel nicht entladen
wird.
11. Die Bejagung von Federwild ist untersagt.
12. Halter von Hunden und Katzen haben sicherzustellen, dass diese im Sperrbezirk nicht frei umherlaufen.
13. Krank oder verendet aufgefundene Wildvögel, insbesondere Wasservögel, sind unter 0451/122-3800 oder
unter strassenreinigung@strhl.de zu melden.
14. Ausnahmen von den Verbringungs-, Aufstallungs- und Betretungsbeschränkungen bedürfen der
Genehmigung durch den Amtstierärztlichen Dienst der Hansestadt Lübeck.
15. Die vorgenannten Schutzregeln gelten bis zur Aufhebung (nach Ablauf von 21 Tagen ab dem letzten im
Sperrgebiet aufgefundenen Wildvogel mit Geflügelpestvirus-Nachweis). Danach gelten die
Schutzmaßregeln für das Beobachtungsgebiet.
B) Für das Beobachtungsgebiet werden folgende Schutzanordnungen getroffen:
16. Sämtliche gehaltene Vögel (Geflügel oder in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten) sind in
geschlossenen Ställen oder unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen
Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten
Seitenbegrenzung (Schutzvorrichtung) zu halten.
17. Bisher nicht gemeldete Geflügelhaltungen (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel,
Wachteln, Enten oder Gänse) sind vom Tierhalter unverzüglich unter Angabe von Namen, Anschrift, Anzahl
der gehaltenen Tiere, ihrer Nutzungsart sowie des Haltungsstandortes beim Amtstierärztlichen Dienst der
Hansestadt Lübeck, Kronsforder Allee 2-6, 23560 Lübeck, Tel. 0451/122-3969, Fax 0451/122-3990,
email: unv@luebeck.de, anzuzeigen.
18. Geflügel und in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten dürfen aus einem Bestand nicht verbracht
werden.
19. Geflügel und in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten dürfen nicht zur Aufstockung des
Wildvogelbestandes freigelassen werden.
20. Die Bejagung von Federwild darf nur mit Genehmigung oder auf Anordnung der zuständigen Behörde
ausgeübt werden.
21. Halter von Hunden und Katzen haben sicherzustellen, dass diese im Beobachtungsgebiet nicht frei
umherlaufen. Hiervon sind ausgenommen der Einsatz sowie die Ausbildung von Jagd- und Diensthunden
sowie Suchhunden nicht behördlicher Hilfsorganisationen.
22. Die vorgenannten Schutzmaßregeln gelten bis zur Aufhebung. Diese erfolgt für die Ziffer 18 „15“ Tage, für
die Ziffern 19 und 20 „30“ Tage ab dem letzten im Sperrgebiet aufgefundenen Wildvogel mit
Geflügelpestvirus-Nachweis.
23. Im Rahmen der § 56 Abs. 3 Satz 2 und § 60 der Geflügelpest-Verordnung kann der Amtstierärztliche Dienst
der Hansestadt Lübeck Ausnahmen von den in 18 und 21 getroffenen Beschränkungen genehmigen.
C) Im Sperrbezirk und im Beobachtungsgebiet
führe ich als zuständige Behörde in den im Sperrbezirk und im Beobachtungsgebiet gelegenen Beständen, in denen Vögel zu Erwerbszwecken gehalten werden, Untersuchungen über den Verbleib von gehaltenen Vögeln, Fleisch von Geflügel und tierischen Nebenprodukten sowie Bestandskontrollen (Klinische Untersuchung des Geflügels, Prüfung des Bestandsregisters) durch; diese Untersuchungen sind von den jeweiligen Tierhaltern/innen zu dulden; auf die Mitwirkungspflicht des § 24 Tiergesundheitsgesetz wird ausdrücklich verwiesen.
D) Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Für die vorstehenden Gebietsfestlegungen und Anordnungen unter Abschnitt A) und unter dem Abschnitt B) wird hiermit die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet, so dass ein gegen diese Allgemeinverfügung erhobenen Widerspruch keine aufschiebende Wirkung entfaltet.
Auf Antrag können von den oben genannten Maßnahmen von mir Ausnahmen nach Maßgabe der §§ 57-60 Geflügelpest-Verordnung zugelassen werden.
E) Inkrafttreten:
Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Begründung:
Bei dem nachgewiesenen aviären Influenzavirus von Subtyp H5N8 handelt es sich um einen hoch ansteckenden Erreger der Geflügelpest, der aus der Wildvogelpopulation sehr leicht auch in Hausgeflügelbestände eingetragen werden kann.
Zum Schutz vor einer Weiterverbreitung sind daher nach der Feststellung der Geflügelpest bei einem Wildvogel ein Sperrbezirk und ein Beobachtungsgebiet im Umkreis von mindestens 3 bzw. 10 km um dessen Fundort festzulegen. Die mit dieser Allgemeinverfügung ausgewiesene Gebietsfestlegung berücksichtigt diese Vorgaben, die örtlichen und ökologischen Gegebenheiten, die epidemiologischen Erkenntnisse sowie Handelsstrukturen. Eine andere Gestaltung der Restriktionszonen kommt aufgrund der durchgeführten Risikoanalyse und der in Schleswig-Holstein bestehenden Seuchenlage nicht in Betracht. Die Untersagung der Federwildbejagung soll einer damit verbundenen Verbreitung des Seuchenerregers durch Schussverletzungen oder Wegflug infizierter Vögel aus den Restriktionsgebieten entgegen wirken. Das Verbot des freien Umherlaufens von Hunden und Katzen soll die passive Verschleppung des Geflügelpest-Virus verhindern.
Verhältnismäßigkeit:
Die Gebietsfestlegungen und Schutzanordnungen sind als Maßnahmen geeignet eine weitere Ausbreitung der Tierseuche schnell und wirksam zu verhindern. Ein milderes Mittel, dieses Ziel zu erreichen, ist nicht ersichtlich, so dass diese Regelungen auch erforderlich sind. Sie sind schließlich auch angemessen, da nach Abwägung aller Belange dem öffentlichen Interesse an einer Vermeidung der Ausbreitung der Tierseuche der Vorrang gegeben werden muss.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Zu den Gebietsfestlegungen und Anordnungen unter den Abschnitten A) und B) ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im öffentlichen Interesse geboten.
Die Geflügelpest ist eine schnell fortschreitende, akut verlaufende und leicht übertragbare Viruskrankheit, die in Nutzgeflügelbeständen zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen kann. Es ist daher sicherzustellen, dass auch während eines Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens alle notwendigen Bekämpfungsmaßnahmen rechtzeitig und wirksam durchgeführt werden können.
Demgegenüber haben die sonstigen Interessen der Betriebe oder Dritter zurückzustehen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt im öffentlichen Interesse. Sämtliche Anordnungen sind daher sofort vollziehbar.
Für einen längeren Aufschub der Gebietsfestlegungen ist insoweit kein Raum. Zu berücksichtigen sind bei den getroffenen Anordnungen dieser Allgemeinverfügung die damit verbundenen Schutzfunktionen. Sie stellen ein höheres Rechtsgut für die Allgemeinheit dar, als private wirtschaftliche Belange, so dass im öffentlichen Interesse die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Vorrang vor einem Individualinteresse einzuräumen war (Erhaltung des Geflügels). Im Sinne einer effektiven Tierseuchenbekämpfung überwiegt hier das öffentliche Interesse daran, dass auch während eines evtl. Klageverfahrens notwendige, wirksame und rechtzeitige Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden können; dieses Interesse ist hier höher zu bewerten (Vollziehungsinteresse) als ein privates bzw. berufliches Interesse, bis zum Abschluss einer evtl. rechtlichen Überprüfung meiner Anordnung diese nicht befolgen zu müssen (Aufschubinteresse).
lm Übrigen wird auch auf die dargelegte allgemeine Begründung in dieser Ordnungsverfügung zusätzlich Bezug genommen.
Lübeck, 03.04.2017
Hansestadt Lübeck – Der Bürgermeister
Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz
Im Auftrag
gez. Dr. Tischbirek
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung ist der Widerspruch zulässig. Er kann schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Verfügung beim Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz, Kronsforder Allee 2 - 6, in 23560 Lübeck, erhoben werden.
Auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Str. 13, 24837 Schleswig, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Der Antrag wäre schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in elektronischer Form bei dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht zu stellen. Der Antrag wäre schon vor Erhebung einer Anfechtungsklage zulässig.
Hinweis:
Bei der Verwendung der elektronischen Form sind besondere Voraussetzungen zu beachten (vgl. die Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 12. Dezember 2006 [GVOBl. 2006, 361] in der z.Zt. geltenden Fassung).
Weitere Hinweise:
1. Beim Betreten von Geflügelhaltungen ist saubere Schutzkleidung oder unbenutzte Einwegschutzkleidung
sowie gereinigtes und desinfiziertes Schuhwerk oder Einwegüberziehschuhwerk zu tragen. Schutzkleidung
und Schuhwerk sind unmittelbar nach Verlassen der Geflügelhaltung abzulegen und unverzüglich zu
reinigen und zu desinfizieren. Einwegartikel sind nach dem Gebrauch umgehend unschädlich zu
beseitigen.
2. Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 4 des Tiergesundheitsgesetzes können Zuwiderhandlungen gegen diese
tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung als Ordnungswidrigkeit je nach Schwere mit einem Bußgeld von
bis zu 30.000 € geahndet werden.