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Stadtverordnung zur einstweiligen Sicherstellung des geschützten Landschaftsbestandteils auf dem Priwall

Stadtverordnung

zur einstweiligen Sicherstellung des geschützten Landschaftsbestandteils
"Kiefern im Wochenendhausgebiet Priwall" in der Hansestadt Lübeck
vom 26.04.2012

 

 

Aufgrund der §§ 22 Abs. 3, 29 Abs. 1 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I. S. 2542), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 6. Februar 2012 (BGBl. I S. 148.) i.v.m. §§ 12 Abs. 3, 18 Abs. 1 Gesetz zum Schutz der Natur (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG) vom 24. Februar 2010 (GVOBl. Schl.-H., S. 301), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. Juli 2011 (GVOBl. Schl.-H. S. 225) wird durch den Bürgermeister der Hansestadt Lübeck als untere Naturschutzbehörde verordnet:

 

§ 1

Schutzgegenstand

 

(1)     Die auf dem Flurstück 478, Flur 1, Gemarkung Trave Dassower See stehenden Kiefern werden auf den im
          Folgenden unter den Buchstaben a – f beschriebenen Grundstücken als geschützter
          Landschaftsbestandteil einstweilig sichergestellt. Gemäß anliegendem Lageplan stehen Kiefern auf
          folgenden Grundstücken:

a)        Waldweg Nr. 15, 17, 19, 21, 23, 23a, 41, 43, 45;

b)        Seeweg 70;

c)        Muschelweg Nr. 16, 17, 18a, 20a;

d)        Gemeinschaftsfläche nördlich des Muschelweges 18a, 20a und 22a;

e)        Gemeinschaftsfläche südlich des Muschelweges 4, 6, 8 und 10:

f)          Fußwegeparzelle westlich der unter Buchstabe e) genannten Fläche

        Zur Sicherung des geschützten Landschaftsbestandteiles erstreckt sich der Schutz auch auf den jeweiligen
        Wurzel- und Kronentraufbereich mit einem Radius von zehn Meter um den Stamm der jeweiligen Kiefer
        unabhängig von den Grundstücksgrenzen (Schutzbereich).

(2)   Die geschützten Kiefern sind in der Karte im Maßstab 1:1.100 schwarz eingetragen. Die Karte ist
        Bestandteil dieser Verordnung.

(3)   Der einstweilig sichergestellte Landschaftsbestandteil wird unter der Bezeichnung „Kiefern im
        Wochenendhausgebiet Priwall” in das von der unteren Naturschutzbehörde der Hansestadt Lübeck
        geführte Naturschutzbuch eingetragen. Das Naturschutzbuch kann beim Bürgermeister der Hansestadt
        Lübeck als untere Naturschutzbehörde, 23539 Lübeck, während der Dienststunden eingesehen werden.

 

§ 2

Schutzzweck

 

Die Unterschutzstellung der in § 1 dieser Verordnung bezeichneten Kiefern dient folgenden Schutzzwecken:

a)      Belebung und Gliederung des Ortsbildes

Die Kiefern nördlich der Mecklenburger Landstraße sind die Reste ehemals ausgedehnter und landschaftstypischer Kiefernbestände an der Ostseeküste. Durch Änderung und Intensivierung der Wohn- und Freizeit- bzw. Urlaubsnutzung wurden diese im Lauf der letzten Jahrzehnte immer weniger. Die Kiefern sind durch ihre Höhe und die Geschlossenheit der Baumbestände sowohl innerhalb als auch außerhalb der Siedlung, z.B. von See, vom Strand, vom Seeweg oder zum Teil von der Mecklenburger Landstraße her auffällig sichtbar. Besonders im Winter treten sie durch das dunkle Nadellaub optisch sehr hervor. Sie lockern das Ortsbild der Siedlung auf und tragen so zu dessen typischem Charakter als strandnaher Bereich bei.

b)      Schutz der Lebensstätte bestimmter wild lebender Tierarten und besonders bzw. streng
          geschützter Arten

Der Kiefernbestand wird im Winter von Waldohreulen als traditioneller Schlaf- und Rastplatz genutzt. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die Kiefernbestände Brutgebiet eines Waldohreulen-Paares und Schlafplatz einzelner Waldkäuze sind. Auf dem Priwall sind Brut- und Rastvorkommen der Waldohreule seit Mitte der siebziger Jahre bekannt. Die Waldohreule und der Waldkauz sind besonders geschützte und streng geschützte Arten gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 a) und Nr. 14 a) BNatSchG.

 

§ 3

Verbotene Handlungen

 

(1)     Die Beseitigung der geschützten Kiefern sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung
          oder Veränderung der Bäume oder ihres geschützten Bereichs führen können, sind verboten.

 

(2)     Insbesondere ist es verboten, die nachfolgend aufgeführten Handlungen vorzunehmen:

a)      das Beseitigen einer Kiefer

b)      das Absägen oder Abbrechen von Ästen oder Zweigen von einer Kiefer

c)      das Verletzen des Wurzelwerks oder der Rinde einer Kiefer

d)      das Befestigen des Bodens im Schutzbereich einer geschützten Kiefer mit einer
          wasserundurchlässigen Decke (z.B. Asphalt oder Pflasterung) sowie das Verdichten des
          Bodens (z.B. durch Befahren oder  Abstellen von Fahrzeugen)
e)      die Errichtung oder Erweiterung von baulichen Anlagen, auch solcher, die keiner
          Genehmigung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften bedürfen, im Schutzbereich einer
          geschützten Kiefer

 f)        die Vornahme von Abgrabungen und Aufschüttungen im Schutzbereich einer geschützten
          Kiefer

g)      das Verlegen, Errichten oder Verändern ober- und unterirdischer Leitungen aller Art im
          Schutzbereich

h)      das Lagern oder Aufschütten von Salzen, insbesondere die Anwendung von Auftausalzen,
          Ölen, Säuren, Laugen oder Mineralölerzeugnissen, die Anwendung von Pflanzenschutz- und
          Schädlingsbekämpfungsmitteln sowie sonstigen chemischen Substanzen im
          Schutzbereich einer geschützten Kiefer

 i)        das Abbrennen von Feuer im Schutzbereich einer geschützten Kiefer.

 

§ 4

Zulässige Handlungen

 

Zulässig sind:

a)      rechtmäßig und ordnungsgemäß ausgeübte Nutzungen aufgrund bestandskräftiger
          Genehmigungen oder aufgrund eigentumsrechtlichen Bestandschutzes in der bisherigen
          Art und im bisherigen Umfang

b)      unaufschiebbare Maßnahmen zur Abwehr einer unmittelbar drohenden gegenwärtigen
         Gefahr; die Maßnahmen sind der unteren Naturschutzbehörde  unverzüglich anzuzeigen
         Beschränkungen, Ge- und Verbote nach dem Bundesnaturschutzgesetz, dem Landes-
         naturschutzgesetz und anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

 

§ 5

Ausnahmen

 

(1)    Auf Antrag können von der unteren Naturschutzbehörde nach Maßgabe des § 51 LNatSchG Ausnahmen
         von den verbotenen Handlungen gemäß § 3 dieser Verordnung genehmigt werden. Dazu gehören
         insbesondere folgende Handlungen:

 

a)     Maßnahmen, die aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit durchgeführt werden
         müssen wenn keine anderen Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgreich
         durchgeführt werden konnten

b)     die Unterhaltung, Instandsetzung und Wiederherstellung rechtmäßiger Anlagen und Wege

c)      Schutz- oder Pflegemaßnahmen an den Kiefern

 

(2)    Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.

 

§ 6

Befreiungen

 

(1)    Von den verbotenen Handlungen des § 3 dieser Verordnung kann gem. § 67 Absatz 1 BNatSchG eine
         Befreiung gewährt werden, wenn

 

a)      dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher
          sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder

 

b)      die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde
          und die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes zu vereinbaren ist.

 

(2)    Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie
         § 17 Absatz 5 und 7 BNatSchG finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft
         im Sinne des § 14 BNatSchG vorliegt.

 

§ 7

Ordnungswidrigkeiten

 

(1)      Ordnungswidrig nach § 57 Absatz 2 Nr. 22 LNatSchG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne die
            erforderliche Befreiung einem Verbot nach § 3 dieser Verordnung zuwiderhandelt.

 

(2)      Ordnungswidrig handelt auch, wer fahrlässig nicht erkennt, dass er die in Absatz 1 genannten
           Handlungen an einem geschützten Landschaftsbestandteil vornimmt.

 

(3)      Die Ordnungswidrigkeiten können gemäß § 57 Absatz 5 LNatSchG mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro
           geahndet werden.

 

§ 8

Inkrafttreten und Dauer

 

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft und zwei Jahre später außer Kraft.

 

 

Lübeck, den 26.04.2012

 

Bernd Saxe
Der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck
als untere Naturschutzbehörde



Unbeachtlich sind

 

1.      eine Verletzung der in § 19 des Landesnaturschutzgesetzes bezeichneten Verfahrens- und
          Formvorschriften,

 

2.      Mängel der Abwägung, wenn sie nicht schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Jahres gegenüber
         der Hansestadt Lübeck geltend gemacht worden sind. Das Gleiche gilt für Mängel in der Beschreibung
         des Schutzzwecks. Der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen.

 

 

Informationen
  • Veröffentlicht am:
    15.05.2012
Anlagen