Allgemeinverfügung
der Hansestadt Lübeck
über die Anordnung zur Absonderung (Isolation) wegen einer Infektion durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2)
Gemäß § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 und § 31 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) in Verbindung mit § 106 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG) wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:
Begründung:
Zu Ziffer 1 Automatische Absonderungspflichten (Isolation) nach der Allgemeinverfügung)
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 28 Absatz 1 i.V.m. § 30 Absatz 1 Satz 2 IfSG und § 31 IfSG. Nach § 28 Absatz 1 Satz 1 IfSG hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Sie kann Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Bei der Erkrankung durch das neuartige Coronavirus handelt es sich um eine Krankheit, die durch Krankheitserreger (Viren) verursacht wird, welche durch Tröpfcheninfektion von Mensch-zu-Menschen übertragen werden. Eine Übertragung ist durch Tröpfcheninfektion mit an dem neuartigen Coronavirus Erkrankten oder durch den Kontakt mit deren Erbrochenem, Stuhlgang oder anderen Körperflüssigkeiten möglich.
Kranker im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG ist eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist. Es handelt sich um eine nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 7 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes auf Infektionen mit dem erstmals im Dezember 2019 in Wuhan/Volksrepublik China aufgetretenen neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) meldepflichtige Erkrankung, die als hoch ansteckend gilt.
Die Isolationsdauer von Infizierten wird gezählt ab dem Tag der Abnahme des ersten positiven Testes.
Das IfSG sieht in den §§ 28 – 30 ausdrücklich vor, dass die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz), der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 Grundgesetz) eingeschränkt werden dürfen.
Die Anordnung, sich in ihrer Häuslichkeit aufzuhalten und diese ohne Genehmigung nicht zu verlassen, ist aufgrund der bei den unter der Ziffer 1 Buchstabe a) bis d) genannten Personen festgestellten Infektion zum Schutze der Allgemeinheit geeignet und erforderlich, um die Verbreitung des neuartigen Coronavirus wirksam zu bekämpfen und um eine Ausbreitung zu verhindern. Nach § 30 Absatz 1 Satz 2 IfSG können Kranke „in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden“. Die Absonderung in der eigenen („ihrer“) Häuslichkeit ist erforderlich, um eine Nachprüfbarkeit der Vorgaben sowie der Angaben sicherzustellen und die Kontaktaufnahme für eventuelle weitere Anordnungen durchführen zu können. Die Anordnung zur Absonderung impliziert, dass auch die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit am Arbeitsplatz untersagt ist. Ausgenommen ist eine berufliche Tätigkeit in den zur Absonderung genutzten Räumen, wenn diese ohne Kontakt zu anderen Personen durchgeführt werden kann.
Zu Ziffer 2 (Erforderlichkeit einer Kontrolltestung nach positivem SARS-CoV-2-Antigenschnelltest)
Personen mit einem positiven durch geschultes Personal durchgeführten SARS-CoV-2 Antigenschnelltest (PoC-Test) sowie Personen mit einem positiven selbst oder durch nicht geschultes Personal vorgenommenen SARS-CoV-2 Antigenschnelltest werden in Ziffer 2 verpflichtet, das Testergebnis unverzüglich durch eine molekularbiologische Untersuchung (z.B. PCR-Test) in einem Testzentrum oder einer Teststation bestätigen zu lassen. Diese Bestätigung ist zudem erforderlich für die Ausstellung eines Genesenennachweises nach § 22 a IfSG sowie zur Geltendmachung eventueller Verdienstausfallentschädigungen nach § 56 IfSG.
Zu Ziffer 3 (Absonderungsdauer)
Die Anordnung zur Absonderung endet für die nach dieser Allgemeinverfügung nachweislich infizierten Personen gemäß Ziffer 1 nach fünf Tagen. Die Absonderung endet dann automatisch, d.h. einer gesonderten Verfügung des Gesundheitsamtes Lübecks oder eines abschließenden Tests bedarf es hierfür nicht. Eine entsprechende Überprüfung durch einen Test wird jedoch dem Betroffenen empfohlen. Bei der Wiederaufnahme bestimmter Tätigkeiten ist Ziffer 5 zu beachten.
Bei Personen, mit einem zunächst positiven durch geschultes Personal durchgeführten Antigenschnelltest-Ergebnis (PoC-Test) nach Ziffer 1 Buchstabe b) sowie bei Personen, mit einem zunächst positiven Selbsttest nach Ziffer 1 Buchstabe d), endet die Pflicht zur Absonderung automatisch mit Ausschluss der Infektion bei Vorliegen des negativen Testergebnisses im Rahmen der bestätigenden Kontrolle nach Ziffer 2.
Zu Ziffer 4 (Verlassen der Häuslichkeit)
Ziffer 4 stellt klar, dass im Rahmen von Kontrolltestungen nach Ziffer 2 die Häuslichkeit einmalig verlassen werden darf.
Zu Ziffer 5 (Wiederaufnahme der Beschäftigung nach Beendigung der Isolation)
Nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts vom 02.05.2022 dürfen Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie Alten und Pflegeeinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten und Einrichtungen der Eingliederungshilfe, die sich nach den Regelungen dieser Allgemeinverfügung in Isolation befanden, ihre Tätigkeit nach Ende der Isolation in der betroffenen Einrichtung nur dann wiederaufnehmen, wenn ein negatives Testergebnis eines frühestens am Tag 5 abgenommenes Tests nach den Kriterien des Robert Koch-Instituts vorliegt und zusätzlich am Tag der Wiederaufnahme der Tätigkeit eine 48 Stunden Symptomfreiheit bestand. Zur Testung während der Isolations-dauer kann die Häuslichkeit einmalig verlassen werden.
Das Testergebnis ist der Leitung der betreffenden Einrichtung mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit vorzulegen. Zur Wiederaufnahme der Tätigkeit sind ein negatives Antigen-Testresultat, ein negatives PCR-Testresultat oder ein positives PCR-Testresultat mit einem Ct-Wert >30 zulässig.
Sonstiges:
Regelungen zur Absonderung oder Testung aufgrund landes- oder bundesrechtlicher Vorschriften bleiben unberührt.
Die Anordnung ist gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen haben keine aufschiebende Wirkung.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Hansestadt Lübeck, vertreten durch den Bürgermeister, Bereich Gesundheitsamt, Sophienstraße 2-8, 23560 Lübeck einzulegen oder durch De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung nach § 5 Abs. 5 DE-Mail-Gesetz an info@luebeck.sh-kommunen.de-mail.de.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung haben keine aufschiebende Wirkung. Daher muss auch bei Einlegung eines Rechtsbehelfs, den Anordnungen Folge geleistet werden.
Auf Antrag kann das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Straße 13, 24837 Schleswig, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise anordnen.
Lübeck, den 27.10.2022
Jan Lindenau
Bürgermeister