Aufgrund des § 17 Absatz 5 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in der Fassung vom 20.Juli 2000 (BGBl. I S. 1.045), das durch Artikel 4 Absatz 21 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) zuletzt geändert worden ist, in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2 der Landesverordnung zur Übertragung von Ermächtigungen und Bestimmungen von Zuständigkeiten nach dem Infektions- schutzgesetz (IfSGErmÜV) vom 22. Februar 2001 (GVOBl. Schl.-H. S. 35), Ressortbezeichnung zuletzt ersetzt durch Verordnung vom 04. April 2013 (GVOBl. Schl.-H. S. 143), wird nach Erteilung der Genehmigung durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung vom 04.12.2014 verordnet:
§ 1
Verpflichtete
(1) Zur Rattenbekämpfung verpflichtet sind die Eigentümerinnen oder Eigentümer
1. von bebauten und unbebauten Grundstücken,
2. von Abwasseranlagen (Kanalisation und Kläranlagen),
3. von Wasserfahrzeugen, Wohnschiffen und schwimmenden Geräten.
(2) Neben den Eigentümerinnen oder Eigentümern sind diejenigen zur Bekämpfung von Ratten verpflichtet, die
die tatsächliche Gewalt über die in Absatz 1 genannten Sachen ausüben (Besitzer). Besitzer sind an Stelle
der Eigentümerin oder des Eigentümers allein verpflichtet, wenn sie im Einvernehmen mit der
Eigentümerin oder dem Eigentümer einen entsprechenden Antrag gestellt haben, dem die zuständige
Behörde zugestimmt hat. Die Antragstellung kann auch auf elektronischem Wege erfolgen.
§ 2
Feststellen und Anzeige des Befalls
(1) Die Verpflichteten haben jeden Rattenbefall und seinen Umfang sowie die zur Bekämpfung getroffenen
Maßnahmen (§ 3 Absatz 1 und § 5) dem Gesundheitsamt unverzüglich anzuzeigen.
(2) Besteht der dringende Verdacht eines Rattenbefalls, kann das Gesundheitsamt den Umfang selbst oder
durch Fachkräfte feststellen lassen.
§ 3
Einzelbekämpfung
(1) Die Verpflichteten haben jeden Rattenbefall unverzüglich zu bekämpfen.
(2) Das Gesundheitsamt kann Bekämpfungsmaßnahmen anordnen, die von den Verpflichteten auszuführen
sind. Die angeordnete Bekämpfungsmaßnahmen können sich auf die befallenen Grundstücke sowie auf
umliegende Grundstücke, Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Absatz 1) erstrecken, von denen anzunehmen
ist, dass sie von Ratten befallen sind.
§ 4
Allgemeine Bekämpfung
Bei erheblichem Rattenbefall in einem zusammenhängenden Teil oder im gesamten Gebiet der Hansestadt Lübeck kann das Gesundheitsamt für das befallene Gebiet und für die umliegenden Gebiete, von denen anzunehmen ist, dass sie ebenfalls von Ratten befallen sind, eine allgemeine Bekämpfung der Ratten und die dazu notwendigen Maßnahmen anordnen; die Anordnung ist öffentlich bekannt zu geben.
§ 5
Bekämpfungsmittel und -geräte
(1) Für die Bekämpfung von Ratten dürfen nur Mittel und Geräte angewendet werden, die nach Anhang I
Nummer 3 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vom 26. November 2010 (BGBl. IS. 1643, 1644), zuletzt
geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2514), sowie als Biozid-Produkte nach
Abschnitt IIa des Chemikaliengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 2013 (BGBl. I
S. 3498), in Verbindung mit § 18 IfSG oder als Pflanzenschutzmittel nach dem Pflanzenschutzgesetz vom
6. Februar 2012 (BGBl. I S. 148, 1281), das durch Artikel 4 Absatz 87 des Gesetzes vom 7. August 2013
(BGBl. I S. 3154) geändert worden ist, zugelassen und im Handel erhältlich sind.
(2) Bedarf es zur Anwendung eines Rattenbekämpfungsmittels eines besonderen Sachkundenachweises, hat
die Bekämpfung durch eine sachkundige Anwenderin oder einen sachkundi- gen Anwender zu erfolgen. In
Bezug auf die Anwendereinschränkungen besitzen insbesondere die Risikominderungsmaßnahmen der
Bundesstelle für Chemikalien der Bundesanstalt für Ar- beitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zu den
verschiedenen Bekämpfungsmitteln sowie aus- drücklich zu den erforderlichen Sachkundenachweisen
Gültigkeit. Die erforderliche Sachkunde besitzen, für jeweils zugelassene Stoffe, insbesondere
1. Schädlingsbekämpferinnen und Schädlingsbekämpfer
(Sachkundige nach Anhang I Nummer 3.4 GefStoffV),2. Anwenderinnen und Anwender mit Sachkundenachweis
a) nach Pflanzenschutz-Sachkundeverordnungvom 27. Juni 2013
(BGBl. I S.1953),b) nach § 4 Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom
18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das durch Artikel 4 Absatz 90 des
Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist,
3. Personen, die an einer speziellen Schulung zur Bekämpfung von Nagetieren teilgenommen
haben.
Soweit für bestimmte Sachkundenachweise Übergangsfristen Anwendung finden, erlöschen die in dieser
Verordnung aufgeführten Qualifikationen mit Datum der Befristung.
(3) Die Verpflichteten haben Fachkräfte auf ihre Kosten zu beauftragen, sofern sie selbst nicht berechtigt sind,
Rattenbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen.
(4) Die Vorschriften über den Verkehr mit Giften, insbesondere nach dem Chemikaliengesetz, der
Gefahrstoffverordnung und der Chemikalienverbotsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom
13. Juni 2003 (BGBl. I S. 867), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 40 des Geset- zes vom 24. Februar 2012
(BGBl. I S. 212) geändert worden ist, bleiben unberührt.
§ 6
Sicherheitsmaßnahmen
(1) Bei der Rattenbekämpfung nach den §§ 3 und 4 dürfen Menschen und Haustiere nicht gefährdet werden.
(2) Auf Bekämpfungsmittel und Bekämpfungsgeräte ist deutlich sichtbar hinzuweisen; bei Giften sind auch der
Name des Mittels und sein Wirkstoff anzugeben.
(3) Wird die Bekämpfung nicht von den Verpflichteten selbst vorgenommen, sind diese unverzüglich von den
mit der Durchführung beauftragten Fachkräften darüber zu unterrichten, wo sich Bekämpfungsmittel und
Bekämpfungsgeräte befinden.
(4) Die Technischen Regeln der Gefahrstoffe Nummer 523 in der Fassung von März 1996, zuletzt geändert
durch BArbBl. Heft 11/2003, sowie Anhang I Nummer 3 GefStoffV finden Anwen- dung. Die
Bekanntmachung der jeweils gültigen Fassung erfolgen im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) oder
können auf der Interseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- medizin (BAuA) unter
www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/TRG heruntergeladen werden.
§ 7
Beseitigung der Ratten und Giftköder
(1) Die Verpflichteten haben nach einer Bekämpfung nach toten Ratten zu suchen. Tote Ratten sind von ihnen
unverzüglich unschädlich zu beseitigen. Sie können insbesondere verbrannt oder vergraben oder an eine
Tierkörperbeseitigungsanstalt abgeliefert werden. Im Falle des Vergrabens müssen sie mit einer
mindestens 0,50 m dicken Erdschicht bedeckt sein und dür- fen nicht im Grundwasser liegen.
(2) Die Verpflichteten haben die Giftköder nach Abschluss der Bekämpfungsmaßnahmen unverzüglich so zu
beseitigen, dass keine Gefahr mehr von ihnen ausgehen kann. Bekämpfungsmit- tel, deren Anwendung
besonderer Erlaubnis bedarf, sind von der Erlaubnisinhaberin oder dem Erlaubnisinhaber so zu
beseitigen, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist.
§ 8
Nachfolgende Bekämpfung
(1) Nach Abschluss der Bekämpfungsmaßnahmen sind die Rattenlöcher und die von Ratten genagten
Durchtrittsstellen mit geeigneten Mitteln fest zu verschließen. Bauliche Mängel, die den Aufenthalt von
Ratten begünstigen oder den Zugang der Ratten in Gebäuden erleichtern, sind unverzüglich zu beseitigen.
(2) An Orten und Plätzen, die von Ratten bevorzugt befallen werden, sind Vorkehrungen zu treffen, die einen
erneuten Befall verhindern. Dieses gilt insbesondere für Abwasseranlagen und Lagerplätze für
Lebensmittel, Futtermittel, Abfallstoffe und Kompost.
§ 9
Mitwirkungs- und Duldungspflichten
(1) Bei Maßnahmen nach § 2 Absatz 2 müssen die Verpflichteten den Bediensteten der zuständigen Behörde
sowie den von ihnen beauftragten Fachkräften den Zutritt zu den Grundstücken, Wohnungen, Anlagen und
Einrichtungen (§ 1 Absatz 1) ermöglichen, die zur Bekämpfung er- forderlichen Auskünfte erteilen und
soweit erforderlich, die Bekämpfungsmaßnahmen unterstützen.
(2) Dritte, deren Rechte an Grundstücken, Wohnungen, Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Absatz 1) durch die in
Absatz 1 aufgeführten Maßnahmen beeinträchtigt werden, müssen diese dulden.
§ 10
Grundrechtseinschränkung
Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz) wird im Rahmen des § 9 in Verbindung mit § 2 Absatz 2 gemäß § 17 Absatz 7 IfSG eingeschränkt.
§ 11
Zuständige Behörde
Zuständige Behörde im Sinne dieser Verordnung sowie für Maßnahmen nach § 17 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 IfSG ist der Bürgermeister - Bereich Gesundheitsamt der Hansestadt Lübeck (im Verordnungstext als Gesundheitsamt bezeichnet). Das Gesundheitsamt überwacht die Maßnahmen nach den §§ 3 bis 8.
§ 12
Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Absatz 1 Nummer 24 IfSG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. der Anzeigepflicht nach § 2 Absatz 1 nicht nachkommt,
2. die Bekämpfungsmaßnahmen nach § 3 oder § 4 unterlässt,
3. nicht anerkannte Bekämpfungsmittel oder Bekämpfungsgeräte (§5) verwendet,
4. die Sicherheitsmaßnahmen nach § 6 unterlässt,
5. die toten Ratten und Giftköder nicht nach § 7 beseitigt,
6. die nachfolgende Bekämpfung nach § 8 unterlässt,
7. die Mitwirkungs- und Duldungspflichten nach § 9 nicht oder ungenügend erfüllt.
§ 13
Inkrafttreten
Die Verordnung tritt am Tage ihrer Verkündung in der Lübecker Stadtzeitung in Kraft.
Gleichzeitig tritt die Stadtverordnung über die Bekämpfung von Ratten in der Hansestadt Lübeck vom 06. November 2001 (veröffentlicht in der Lübecker Stadtzeitung am 13. November 2001) außer Kraft.
Lübeck, 11.12.2014
Bernd Saxe L.S.
Bürgermeister