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Benachrichtigung über veranlasste Ersatzvornahme sowie Entzug des Eigentums Anordnung einer Tierhaltungs- und Betreuungsuntersagung

Herrn
Florian Tzschoch
geb. 31.05.1980
Wesloer Landstr. 42
23566 Lübeck

 Unbekannt verzogen

Benachrichtigung über veranlasste Ersatzvornahme sowie Entzug des Eigentums Anordnung einer Tierhaltungs- und Betreuungsuntersagung

Sehr geehrter Herr Tzschoch,

1a) Ich benachrichtige Sie gem. § 230 Abs. 2 Landesverwaltungsgesetz nachträglich darüber, dass die ehemals von Ihnen in der Wesloer Landstr. 42, 23566 Lübeck gehaltene Katze nach § 230 Abs. 1 i.V.m. § 238 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz sowie § 16a Satz 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes im Rahmen des sofortigen Vollzuges im Wege der Ersatzvornahme am 01.06.2018 fortgenommen und anderweitig pfleglich untergebracht wurde. 

1b.) Das Eigentum an der Katze wird Ihnen entzogen. Sobald es ihr Gesundheitszustand zulässt, wird die Katze veräußert.

2.) Ich untersage Ihnen mit sofortiger Wirkung nach § 16 a Satz 2 Nr. 3 Tierschutzgesetz das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art.

3.) Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung wird für die Entziehung des Eigentums sowie die Haltungs- und Betreuungsuntersagung die sofortige Vollziehung angeordnet. 

 1. Begründung für den sofortigen Vollzug im Wege der Ersatzvornahme (Fortnahme, anderweitige pflegliche Unterbringung, Entziehung des Eigentums und die Veräußerung):

 2.Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung
Am 01.06.2018 erhielt die Polizei die Mitteilung, dass Sie Ihre Katze in Ihrer ansonsten verlassenen Wohnung an der Wesloer Landstr. 42 in 23566 Lübeck zurückgelassen haben. Die Polizei stellte daraufhin fest, dass es in der verschmutzten Wohnung keinerlei Futter für die Katze gab, auch Wasser stand ihr nicht zur Verfügung. Das Tier war stark abgemagert und entkräftet, ihr Fell wirkte struppig. Laut Aussage Ihrer ehemaligen Lebensgefährtin hatten Sie Kenntnis von der Tatsache, dass sich die Katze noch in der Wohnung befand.

Laut § 2 TSchG muss jeder, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.

Gemäß § 16a TSchG trifft der Bürgermeister, Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz, Abteilung Veterinärwesen, Gesundheits- und Verbraucherschutz der Hansestadt Lübeck  als zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die zuständige Behörde kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen.

Tiere, die nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes in ihrer Haltung erheblich vernachlässigt sind, können dem Halter gemäß § 16a Satz 2 Nr. 2 TSchG fortgenommen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich untergebracht werden, bis eine ordnungsgemäße Haltung i.S.d. § 2 TSchG durch den Halter sichergestellt ist. Die Entscheidung über die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung liegt in meinem pflichtgemäßen Ermessen, dessen Ausübung ich nachfolgend erläutere:

Ziel meiner Maßnahmen ist der Schutz des Lebens, der Gesundheit und des Wohlbefindens der Tiere. Spätestens seit Einführung des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz (Artikel 20a) bin ich im Regelfall gehalten, bei entsprechenden Sachverhalten die notwendigen Anordnungen zu treffen. Mein so genanntes Entschließungsermessen, also die Frage, ob ich überhaupt einschreiten durfte, wird durch diese Vorgaben auf null reduziert, zumal keine atypischen Anhaltspunkte ersichtlich sind, die es rechtfertigen würden, in Ihrem Fall ausnahmsweise nicht einzuschreiten.
Bei der Frage, welche Maßnahmen getroffen werden konnten, war im Rahmen des Auswahlermessens das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Danach müssen diese Maßnahmen geeignet, erforderlich und schließlich auch angemessen sein.
Maßnahmen, die ebenfalls geeignet wären, Sie aber als verantwortliche Person weniger belasten würden, sind nicht gegeben. Sie sind ferner angemessen, da die Ihnen durch die getroffenen Maßnahmen entstehenden Nachteile nicht unverhältnismäßig größer sind als die dadurch zu beseitigenden Nachteile für das Tier. Wirtschaftliche Interessen zur Katzenhaltung und –betreuung können bei Ihnen nicht angenommen werden und müssten ansonsten hinter den Interessen der Katze an einer angemessenen Haltung zurücktreten.
Die Maßnahmen sind in Ihrer Gesamtheit festzusetzen, da eine tierschutzkonforme Haltung und Behandlung anzustreben ist.
Es ist festzuhalten, dass die veranlassten Maßnahmen nach Abwägung der öffentlichen Belange (hier: Einhaltung bzw. Wiederherstellung des grundgesetzlich normierten Tierschutzes) mit Ihren grundgesetzlich geschützten Interessen gerechtfertigt sind.
Nach den amtstierärztlichen Feststellungen und der Begutachtung der Katze lagen insofern die Voraussetzungen für den Erlass einer entsprechenden (fiktiven) tierschutzrechtlichen Ordnungsverfügung zur Fortnahme und anderweitigen pfleglichen Unterbringung inkl. der Anordnung der sofortigen Vollziehung vor. Nach meinen Recherchen ist die Katze Ihnen als verantwortliche Person zuzuordnen. Sie waren jedoch nicht anwesend und auch nicht kurzfristig erreichbar. Eine zustellungsfähige Anschrift war (und ist) mir darüber hinaus nicht bekannt, so dass ich Ihnen eine derartige Verfügung weder mündlich noch schriftlich bekanntgeben konnte.
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des Zustandes des Tieres wurde am 01.06.2018 im Rahmen des sofortigen Vollzugs nach § 230 Abs. 1 i.V.m. § 238 Abs. 1 LVwG die Fortnahme und die anderweitige pflegliche Unterbringung des Tieres auf Ihre Kosten i.S.d. § 16a Satz 2 Nr. 2 TSchG im Tierheim veranlasst. Die gegenwärtige Gefahr für das Leben der Katze bzw. die schon eingetretene Störung ihrer Gesundheit und wäre auf andere Weise nicht abzuwehren gewesen.

 b) Entziehung des Eigentums und Veräußerung

Ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 TSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann ich das Tier nach § 16a Satz 2 Nr. 2 TSchG veräußern.
Vor dem Hintergrund unter Ziffer 3 angeordneten Haltungs- und betreuungsuntersagung kommt eine Fristsetzung bzw. Rückgabe der Katze an Sie nicht in Betracht.
Auch die Entscheidung über die Entziehung des Eigentums und die Veräußerung liegt in meinem pflichtgemäßen Ermessen. Ich verweise insoweit auf meine oben dargelegten Ausführungen zur Ausübung dieses Ermessens.
Ihr totales Desinteresse an dem Tier hat sich auch darin gezeigt, dass Sie sich seit der Fortnahme nicht über das weitere Schicksal der Katze informiert und keinerlei Initiative gezeigt haben, um die Rückgabe des Tieres zu erreichen.

Nach § 213 Abs. 1 Nr. 1 LVwG ist die Verwertung verwahrter Sachen – hier die Verwertung des anderweitig pfleglich untergebrachten Tieres – zulässig, wenn z.B. die weitere Unterbringung mit unverhältnismäßig hohen Kosten – so wie in diesem Fall – verbunden ist. Die Verwertung wäre grundsätzlich nach § 213 Abs. 2 i.V.m. §§ 292 ff LVwG im Rahmen einer Versteigerung durchzuführen. In Anbetracht des – objektiv – geringen Wertes des Tieres und des damit zu erwartenden geringen Versteigerungserlöses sowie des hohen organisatorischen Aufwandes und der damit verbundenen hohen Kosten für eine ordnungsgemäße Zwangsversteigerung halte ich es im Rahmen des § 298 LVwG für zweckmäßiger, die Katze in anderer Weise zu verwerten. Ich habe mich aus diesem Grund im Rahmen des mir insoweit eingeräumten Ermessens entschieden, Ihnen das Eigentum an der Katze zu entziehen und diese durch das Tierheim zur freihändigen Veräußerung freizugeben. Dem Tier kann hierdurch ein unverhältnismäßig langer Aufenthalt im Tierheim, der von Natur her nur ein vorübergehender sein soll, erspart bleiben. Durch einen (längeren) Aufenthalt in einem Tierheim entstehen darüber hinaus unverhältnismäßig hohe Kosten, die den objektiven Wert der Katze bereits jetzt überstiegen haben. Um die Allgemeinheit der Steuerzahler von diesen Kosten, die grundsätzlich von Ihnen zu tragen sind, frei zu halten, war die sofortige Entziehung des Eigentums als auch die Veräußerung der Katze angezeigt.

Insofern liegen auch für die Veräußerung des Tieres die Voraussetzungen für den Erlass einer entsprechenden tierschutzrechtlichen Ordnungsverfügung inkl. der Anordnung der sofortigen Vollziehung vor. Trotz meiner Bemühungen, Ihren Aufenthalt bzw. eine zustellungsfähige Anschrift zu ermitteln, konnte ich Ihnen auch die Veräußerungsverfügung weder mündlich noch schriftlich bekanntgeben.

2.) Begründung für die Tierhaltungs- und betreuungsuntersagung:
Demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TSchG grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Leiden oder Schäden zugefügt hat, kann die zuständige Behörde nach § 16a Satz 2 Nr. 3 TSchG das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Dass ein Haustier regelmäßig und vor allem ausreichend zu ernähren ist, ist eine Selbstverständlichkeit, für die weder besondere Kenntnisse noch ein gesteigertes Einfühlungsvermögen benötigt werden. Sie haben die elementarsten Grundbedürfnisse Ihres Tieres nicht ausreichend erfüllt. Sie waren nicht willens und/oder in der Lage, eine ordnungsgemäße Katzenhaltung zu gewährleisten. Sie haben gezeigt, dass Sie nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, um Tiere zu halten oder zu betreuen. Diese Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass eine Wiederholung einer solchen Tat künftig sehr wahrscheinlich ist. Daher muss aus meiner Sicht verhindert werden, dass Sie sich neue Tiere anschaffen.
Der Tatbestand der erheblichen Vernachlässigung wurde von Ihnen in Anbetracht der o.g. Umstände erfüllt, denn Sie haben grob gegen das TSchG verstoßen und dadurch Ihrem Tier erhebliche oder länger anhaltende Leiden und Schäden zugefügt. Auch die Entscheidung über die Anordnung einer Tierhaltungs- und betreuungsuntersagung liegt in meinem pflichtgemäßen Ermessen. Wir verweisen insoweit auf unsere bereits oben darlegten Ausführungen zur Ausübung dieses Ermessens. Die artgemäße Pflege und Ernährung von Haustieren ist elementares Bestandteil jeglicher Haltung und Betreuung und damit nicht tierartspezifisch. Daher untersage ich Ihnen die Haltung und Betreuung jeglicher Tiere.

3.) Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung:
Die sofortige Vollziehung dieser Haltungs- und betreuungsuntersagung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet, da diese im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Im öffentlichen Interesse kann es nicht weiter hingenommen werden, dass Sie Katzen oder anderen Tieren in der beschriebenen Weise Leiden, Schmerzen und/oder Schäden zufügen. An der Verhinderung vermeidbarer Leiden, Schmerzen und Schäden der zu schützenden Tiere besteht ein besonderes öffentliches Interesse, das über das allgemeine öffentliche Interesse an der Durchsetzung tierschutzrechtlicher Verfügungen hinausgeht (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichtes Schl.-H. vom 18.11.2008, Az. 1 B 40/08, unanfechtbar bestätigt durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Schl.-H. vom 14.01.2009, Az. 4 MB 115/08). Dass ich bei der Begründung der besonderen Eilbedürftigkeit der Angelegenheit auf Aspekte zurückgreifen, die – auch – bei der Begründung für die angeordneten Maßnahmen im (Grund-) Verwaltungsakt angeführt werden, ist zulässig und damit unschädlich. Für den hier vorliegenden Bereich der Gefahrenabwehr ist es kennzeichnend, dass die für die besondere Dringlichkeit der Vollziehung eines Verwaltungsaktes sprechenden Gründe oft mit denen deckungsgleich sind, die zu seinem Erlass geführt haben. Ich kann mich deshalb grundsätzlich auf diese Gesichtspunkte auch zur Begründung der sofortigen Vollziehung berufen, ohne (weitere) Gründe für die Eilbedürftigkeit des Vollzuges angeben zu müssen. Der Ausgang eines längeren Widerspruch- und ggfls. Klageverfahrens kann im Interesse der Katze und anderer Tiere als zu schützendem Rechtsgut und ihrem Wohlergehen nicht abgewartet werden, da Sie durch eine Verlängerung oder Wiederholung  Ihrer bisher gezeigten Vorgehensweise weiter gegen tierschutzrechtliche Vorschriften verstoßen und Katzen bzw. anderen Tieren vermeidbare Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen würden. Wäre die sofortige Vollziehung nicht angeordnet worden, hätten Sie die zeitnahe Wirkung der Verfügung bereits durch die Einlegung eines einfachen Rechtsmittels wirkungslos werden lassen können.

 Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes  oder zur Niederschrift einzulegen beim Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz, Kronsforder Allee 2-6, 23560 Lübeck oder durch De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung nach § 5 Abs. 5 DE-Mail-Gesetz an info@luebeck.de-mail.de.
Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches beantragt werden. Der Antrag wäre beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht in 24837 Schleswig, Brockdorff-Rantzau-Str. 13, zu stellen.

Mit freundlichem Gruß
Im Auftrag
Dr. Tischbirek, Amtstierärztin

 Rechtsgrundlagen:

 Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), zuletzt geändert durch Artikel 141 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626). 

Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Nutztierhaltungs-Verordnung – TierSchNutztV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043),  zuletzt geändert am 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2147).

 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz - LVwG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1992, zuletzt geändert am 02.05.2018 (GVOBl. S. 162).

 

 

Informationen
  • Veröffentlicht am:
    19.06.2018