Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Hansestadt Lübeck vom 18.12.2006
(Baumschutzsatzung)
Auf Grund § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und § 53 Abs. 9 des Gesetzes zum Schutz der Natur – Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) – vom 16. Juni 1993 (GVOBl. Schl.-H., S. 215) zuletzt geändert durch Art. 85 der Verordnung v. 12.10.2005 (GVOBl. Schl.-H., S. 487), und des § 4 der Gemeindeordnung für Schleswig – Holstein in der Fassung vom 28. Februar 2003 (GVOBl. Schl.-H., S. 57), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28.03.2006 (GVOBl. Schl.-H. S. 28) wird nach Beschlussfassung durch die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck am 30.11.2006 folgende Satzung erlassen:
(1) Zweck dieser Satzung ist es, den Baumbestand
1. zur Sicherung und Entwicklung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes,
2. zur Entwicklung, Belebung, Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes
und
3. zur Abwehr schädlicher Einwirkungen auf die Naturgüter
als geschützte Landschaftsbestandteile unter Schutz zu stellen.
(2) Die geschützten Bäume sollen durch fachgerechte Pflege und Erhaltung ihrer Lebensbedingungen in ihrer
gesunden Entwicklung langfristig gesichert werden.
Im Gebiet der Hansestadt Lübeck wird der gesamte Baumbestand nach Maßgabe des § 3 dieser Satzung unter Schutz gestellt.
(1) Geschützt sind
1. Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 80 cm, gemessen in 1,30 m Höhe,
2. Bäume in Reihen (mindestens 3) oder Gruppen (mindestens 5) mit einem Stammumfang von jeweils
mindestens 50 cm, gemessen in 1,30 m Höhe,
4. Ersatzpflanzungen, die als Ersatzmaßnahme auf Grund des Abschnittes III des Landesnatur-
schutzgesetzes, auf Grund der Stadtverordnung zum Schutze der Bäume in der Hansestadt Lübeck vom
09.06.1978 oder auf Grund des § 8 dieser Satzung erfolgten, unabhängig vom Stammumfang.
Liegt der Kronenansatz eines Baumes unter der Höhe von 1,30 m , ist der Stammumfang direkt unterhalb
des Kronenansatzes maßgebend.
(2) Nicht geschützt sind
1. Bäume in Gärten mit Ausnahme von Bäumen in Vorgärten
2. Bäume, deren Stamm in 1,30 m Höhe ganz oder teilweise in weniger als 6 m Abstand gemessen von der
jeweiligen Außenwand an einem zulässigerweise errichteten Gebäude oder Gebäudeteil stehen,
3. Obstbäume, die dem Ernteertrag dienen, Bäume in Baumschulen und Gärtnereien, die der gartenbau-
lichen Erzeugung oder dem Erwerbsobstbau der Betriebe dienen, sowie Bäume in Kleingartenanlagen im
Sinne des Bundeskleingartengesetzes,
4. Bäume im Geltungsbereich rechtskräftiger Bebauungspläne, die als nicht zu erhalten gekennzeichnet sind
oder auf Flächen, für die in einem Bebauungsplan vor Inkrafttreten dieser Satzung eine dem Erhalt des
Baumes entgegenstehende Nutzung ( z.B. Straßen, Plätze) festgesetzt wurde und diese realisiert werden
soll,
6. Bäume, die im Rahmen von Abbruch-, Wiederherstellungs-, Unterhaltungs- oder Sanierungsmaßnahmen
an zulässigerweise errichteten Gebäuden, Gebäudeteilen oder Ver- und Entsorgungsleitungen ohne
zumutbaren Aufwand nicht zu erhalten sind,
7. Bäume in Waldflächen im Sinne des Landeswaldgesetzes,
8. Bäume auf Friedhöfen, soweit sie im Zusammenhang mit notwendigen Erdarbeiten beseitigt, zerstört,
geschädigt oder verändert werden müssen.
(3) Beschränkungen, Ge- und Verbote nach dem Bundesnaturschutzgesetz, dem Landesnaturschutzgesetz
und anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Auf die Vorschrift in § 7 Abs. 2 Nr. 8 des
Landesnaturschutzgesetzes über ortsbildprägende oder landschaftsbestimmende Bäume oder
Baumgruppen wird besonders hingewiesen.
Es ist verboten, die geschützten Bäume oder Teile von ihnen zu beseitigen, zu beschädigen, zu zerstören oder auf sonstige Weise zu verändern. Zerstörungen sind Eingriffe im Wurzel-, Stamm- und Kronenbereich des Baumes, die das Absterben bewirken. Beschädigungen sind Eingriffe im Wurzel-, Stamm- und Kronenbereich des Baumes, die zum Absterben oder zur nachhaltigen oder erheblichen Beeinträchtigung seiner Lebensfähigkeit führen können. Eine Veränderung liegt vor, wenn an geschützten Bäumen Eingriffe vorgenommen werden, die das charakteristische Aussehen erheblich beeinträchtigen, verunstalten oder das Wachstum nachhaltig behindern.
Es ist insbesondere verboten
(1) Auf Antrag können vom Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz - nach Maßgabe
des § 54 Abs. 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 S. 2 des Landesnaturschutzgesetzes Ausnahmen von den Verboten
des § 4 zugelassen werden für Maßnahmen, die aus zwingenden Gründen der Verkehrssicherheit
durchgeführt werden müssen und keine anderen Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit
erfolgreich durchgeführt werden konnten. Die Zulassung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.
(2) Auf Antrag kann von den Verboten des § 4 nach Maßgabe des § 54 Abs. 4 des Landesnaturschutzgesetzes
mit Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde Befreiung gewährt werden. Die Befreiung kann mit
Nebenbestimmungen versehen werden.
(1) Als zulässige Handlungen dürfen genehmigungsfrei folgende Maßnahmen durchgeführt werden:
1. fachgerechte Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen an Bäumen,
2. Maßnahmen an Bäumen im Rahmen von Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen am öffentlichen Ver- und
Entsorgungsnetz oder an der Fahrbahn und Bankette öffentlicher Straßen einschließlich der Sicherung des
Lichtraumprofils, wenn der Träger ausreichende Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen trifft und die Erhaltung
der Bäume gesichert ist. Die Richtlinien zum Schutz von Bäumen und Sträuchern im Bereich von Baustellen
(DIN 18920, RAS LG 4 der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen) sind einzuhalten.
3. unaufschiebbare Maßnahmen der Gefahrenabwehr.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 2 sind dem Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz -
rechtzeitig vor Beginn anzuzeigen. Mit der Maßnahme darf zwei Wochen nach Eingang der Anzeige beim
Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz -, begonnen werden, es sei denn, der
Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz - untersagt die Durchführung. Maßnahmen
nach Absatz 1 Nr. 3 sind dem Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz -, unverzüglich
anzuzeigen.
(1) Ausnahmen und Befreiungen sind beim Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz -,
schriftlich zu beantragen. Sind Ausnahmen und Befreiungen im Rahmen von Anträgen auf Erteilung einer
Baugenehmigung erforderlich, gilt der Antrag mit dem Bauantrag als gestellt. Die in Abs. 2 genannten
Unterlagen sind beizufügen.
(2) Der Antrag soll neben einer Begründung und einer Planskizze alle notwendigen Angaben und Unterlagen
zur Beurteilung des Antrages beinhalten. Es sind alle unter den Schutz dieser Satzung fallenden Bäume
auf dem Grundstück und, falls für die Beurteilung erforderlich, auf den Nachbargrundstücken mit den
jeweiligen Stammumfängen darzustellen. Im Einzelfall können weitere Angaben und Unterlagen auf
Kosten des Antragstellers/ der Antragstellerin verlangt werden.
(3) Antragsberechtigt sind Eigentümerinnen und Eigentümer oder Nutzungsberechtigte, sowie Nachbarinnen
und Nachbarn oder sonstige Dritte, die ein berechtigtes Interesse nachweisen.
(4) Entscheidungen über Ausnahmen und Befreiungen ergehen schriftlich und unbeschadet privater Rechte
Dritter. Sie können im Fall einer Zulassung mit Nebenbestimmungen versehen werden.
(1) Wer im Geltungsbereich dieser Satzung
1. auf der Grundlage einer Ausnahme nach § 5 Abs. 1 oder einer Befreiung nach § 5 Abs. 2 einen Baum
beseitigt,
2. geschützte Bäume beseitigt, beschädigt, zerstört oder solche Handlungen durch Dritte wissentlich duldet,
ohne dass eine Ausnahme oder Befreiung vorliegt oder
(2) Ersatzpflanzungen sind grundsätzlich mit einheimischen und standortgerechten Bäumen in
Baumschulqualität und einem Stammumfang von 12/14 cm vorzunehmen. Sofern das Pflanzen
einheimischer Bäume aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht zumutbar ist, können andere,
standortgerechte Bäume als Ersatzpflanzung zugelassen werden. Die Anzahl der Ersatzbäume richtet sich
nach dem Stammumfang des zu beseitigenden Baumes. Bis 100 cm Stammumfang (gemessen in 1,30 m
Höhe) des zu fällenden Baumes ist ein Ersatzbaum mit einem Mindeststammumfang von 12/14 cm zu
pflanzen. Danach ist für jede weitere begonnene 50 cm Stammumfang des zu fällenden Baumes je ein
weiterer Ersatzbaum gleicher Qualität vorzusehen. Die Art und Anzahl der Ersatzpflanzung wird in der
Genehmigung festgesetzt.
(2) Ist die Vornahme einer Ersatzpflanzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich oder
nicht sinnvoll, ist für jeden als Ersatz zu pflanzenden Baum eine Ausgleichszahlung zu leisten. Die Höhe
der Ausgleichszahlung bemißt sich nach dem Wert des Baumes, mit dem ansonsten eine Ersatzpflanzung
erfolgen müßte, zuzüglich einer Pflanz-, Pflege- und Grunderwerbskostenpauschale von 35 % des
Nettoerwerbspreises. Die Einnahmen aus der Ausgleichszahlung sind zur Anpflanzung von heimischen
Bäumen und/ oder zur Pflanzung heimischer Gehölze zu verwenden. Im Einzelfall kann die
Ausgleichszahlung auch für Baumpflege- und standortverbessernde Maßnahmen durch die Hansestadt
Lübeck oder für die Gewährung von Zuschüssen an Private für entsprechende Maßnahmen an Bäumen im
Geltungsbereich der Satzung verwendet werden.
§ 9 Folgenbeseitigung, Anordnung von Maßnahmen
(1) Der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz - kann anordnen, dass die
Eigentümerin/den Eigentümer oder die Nutzungsberechtigte/ den Nutzungsberechtigten eines
Grundstücks bestimmte Maßnahmen zur Erhaltung, Pflege und Entwicklung von geschützten Bäumen trifft.
Der Eigentümerin/ dem Eigentümer oder der oder dem Nutzungsberechtigten eines Grundstückes ist
Gelegenheit zu geben, Maßnahmen zur Erhaltung, Pflege und Entwicklung geschützter Bäume selbst
durchzuführen, sofern dies zur Erhaltung der Bäume erforderlich ist.
(2) Der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck - Bereich Naturschutz - kann anordnen, dass die
Eigentümerin/ der Eigentümer oder die oder der Nutzungsberechtigte die Durchführung von Maßnahmen
nach Abs. 1 durch die Hansestadt Lübeck duldet. Sie/ er trägt die Kosten.
(1) Ordnungswidrig nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 des Landesnaturschutzgesetzes handelt, wer, ohne dass eine
Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung erteilt wurde, vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen § 4 S. 5 Nr. 1 Bäume ganz oder teilweise entfernt oder die Krone oder das Wurzelwerk entfernt
oder so schädigt, dass dies zum Absterben des Baumes oder zur nachhaltigen oder erheblichen
Beeinträchtigung seiner Lebensfähigkeit führen kann,
2. entgegen § 4 S. 5 Nr. 2 im Wurzelbereich Versiegelungen des Bodens durch bauliche Anlagen oder mit
Asphalt, Beton oder einer anderen überwiegend wasserundurchlässigen Decke vornimmt,
3. entgegen § 4 S.5 Nr. 3 Bäume im Wurzel- oder Stammbereich beschädigt, auch durch Nutzung als
Baustellen- oder Lagerfläche, oder durch Maßnahmen das charakteristische Aussehen erheblich
beeinträchtigt, verunstaltet oder das Wachstum nachhaltig behindert,
4. entgegen § 4 S.5 Nr. 4 im Wurzelbereich Abgrabungen, Ausschachtungen oder Aufschüttungen vornimmt,
5. entgegen § 4 S.5 Nr. 5 Gase oder andere schädliche Stoffe aus Leitungen oder Tankanlagen in
unmittelbarer Nähe der Bäume freisetzt,
6. entgegen § 4 S. 5 Nr. 6 im Wurzelbereich Materialien verwendet oder lagert, die durch Abgabe von Stoffen in
fester, gasförmiger oder flüssiger Form schädigend wirken oder zu einer Verdichtung des Bodens,
Behinderung des Gasaustausches oder Gefährdung der Wasserversorgung der Bäume führen können.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 57 a Abs. 1 Nr. 1 des Landesnaturschutzgesetzes mit einer
Geldbuße bis zu 50.000,00 EUR geahndet werden.
Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Lübeck, den 18.12.2006
Bernd Saxe
Bürgermeister
Unbeachtlich sind
1. eine Verletzung der in § 53 des Landesnaturschutzgesetzes bezeichneten Verfahrens- und
Formvorschriften,
2. Mängel der Abwägung,
wenn sie nicht schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Jahres gegenüber der Hansestadt Lübeck
geltend gemacht worden sind. Das Gleiche gilt für Mängel in der Beschreibung des Schutzzwecks. Der
Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen.